Ist Es Ethisch Vertretbar, Für Den Staat Zu Arbeiten?

Ich fühle seit langem, dass es mich auf eine Art in die akademische Welt zieht. Aber ist es ethisch vertretbar als ausgesprochener Befürworter des freien Marktes für den Staat zu arbeiten? Ist das nicht wie ein schwuler Priester, der eine schwule Beziehung pflegt und gleichzeitig predigt, dass schwul sein wieder der natürlichen Ordnung ist? Ist das nicht wie Wasser predigen und Wein trinken, heuchlerisch halt?

 

Wer kann denn einen Professor ernst nehmen, der an der Universität in seinem geschützten Umfeld sitzt und sich darüber auslässt, wie der freie Markt durch Angebot und Nachfrage stets das Preis-Leistungs-Verhältnis optimiert? Da könnte man doch schnell einmal fragen: «Wieso bist du dann nicht selbst draussen im freien Markt, wenn er doch so toll ist?!»

 

Gewisse Kritiker könnten dem Professor vorwerfen, gemäss seiner eigenen Logik müsste seine eigene Aussage von suboptimaler Qualität sein, da sie ja nicht aus dem freien Markt entsprungen ist. Hierzu muss man natürlich sagen, dass diese Tatsache per se nicht die Wahrheit einer Aussage widerlegt, denn Wahrheit wird ausschliesslich relativ zur Realität gemessen. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass eine staatliche Uni ein schlechteres Kosten-Wahrheits-Verhältnis aufweisen wird als ein Forschungsinstitut am freien Markt.

 

Andere Kritiker könnten anmerken, dass so ein Professor durch seine Existenz beweist, dass es Dinge gibt, die für die Gesellschaft wertvoll sind, die der freie Markt nicht hervorbringen kann. Wie zum Beispiel die Betrachtung der Metaebene, also das Nachdenken über die Funktionsweise des freien Marktes selbst. Dem muss man allerdings entgegenhalten, dass die Existenz unseres Professors dies überhaupt nicht beweist. Seine Existenz zeigt bloss, dass die Gesellschaft im Moment so organisiert ist, dass diese Dinge nicht von einem freien Markt hervorgebracht werden. Wenn der Staat gewisse Universitäten durch Steuergelder so massiv subventioniert, dass kaum Konkurrenz dazu existieren kann, und es darum nur staatliche Unis gibt, dann ist es klar, dass die staatlichen Unis diesen Dienst erbringen werden. Das ist wie die Post, die Müllabfuhr, die Schulen, der ÖV, die Landwirtschaft, das Geldsystem, die Medizin, etc. Ausserdem haben wir sowieso keinen freien Markt, denn die zentralsten Marktparameter wie Währungen, Zinsen, Staatsanleihen, Aktien-, Immobilien-, und Rohstoffpreise werden sowieso alle von Staaten und Zentralbanken manipuliert – und die Rechtslage wird durch Lobbying verfälscht und verbogen.

 

Man könnte auch argumentieren, dass die Uni als Institution von der Bevölkerung gewünscht ist, sonst würde sie in einer Demokratie nicht existieren. Andererseits ist es schon eine berechtigte Frage, wie viele der Mittel, die in den Unis ausgegeben werden, tatsächlich den Segen der Bevölkerung tragen. Immerhin gibt es ganze Disziplinen wie z.B. Genderwissenschaften, die nichts mit Wissenschaft zu tun haben, und deren Nutzen für die Gesellschaft aus meiner Sicht bestenfalls fragwürdig ist.

 

Allerdings muss man der Tatsache ins Auge sehen, dass unsere Gesellschaft im Moment nun mal so organisiert ist, dass intellektuelle Arbeit grösstenteils an Universitäten stattfindet, und diese praktisch ausschliesslich über den Staat finanziert werden. Und nur, weil im Moment die meisten Primarschulen staatlich sind, heisst das nicht, dass man als freiheitsliebender Mensch nicht Lehrer werden sollte. Man muss seinen Weg der momentanen Gesellschaftsordnung anpassen, denn man kann die Gesellschaft nicht eigenhändig umdesignen.

 

Solange es also keine andere Alternative gibt, scheint es mir ok zu sein, seine Passion fürs Lehren und Forschen an einer staatlichen Uni verfolgen, sofern man sich entscheidet diesen Weg einzuschlagen. Man muss allerdings, um als freier-Markt-Professor seine Glaubwürdigkeit und Ehre nicht zu verlieren, stets darauf hin arbeiten, dass die Uni eine freie Markt Institution wird. Dies bedeutet, man muss sich politisch stets gegen seine eigenen kurz- bis mittelfristigen finanziellen Interessen einsetzen. Dazu kommt ferner, dass man sich gleichzeitig gegen die finanziellen Interessen all seiner Kollegen einsetzen würde, worüber viele vermutlich sehr ungehalten wären. Wie gut man dies tatsächlich kann oder tut, kann letztendlich jeder nur vor seinem eigenen Gewissen beantworten. Es scheint mir jedoch mindestens schwierig zu sein, da es dem grundlegenden menschlichen Trieb entgegensteht, durch sein eigenes Handeln seine materielle Situation verbessern zu wollen.

 

Für mich persönlich stellt sich ferner die Frage, ob ich denn als Wirtschaftsprofessor tatsächlich etwas Gutes tun würde? Gibt es überhaupt einen Beweis dafür, dass die ganzen Wirtschaftsprofessoren etwas Nützen? Alle relevanten Fakten sind doch schon seit duzenden von Jahren bekannt, und trotzdem handelt die Politik nicht danach. Es ist nicht schwer zu verstehen, wieso Fiat Money nicht funktionieren kann, und trotzdem haben wir Fiat Money. Macht wird benutzt um Macht zu erhalten. Und die Partikularinteressen sind stets mächtiger als diejenigen der Allgemeinheit. Würde meine Arbeit als Wirtschaftsprofessor also etwas nützen, um die Freiheit zu fördern? Ich bezweifle es irgendwie. Auf eine Art ist so eine Universität auch ein tolles Institut um alle klugen Köpfe unter Kontrolle zu halten und sicherzustellen, dass sie nichts tun, was den Eliten wirklich gefährlich werden könnte. So ganz nach dem Motto: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. »

 

Und sogar, wenn ich mich nicht bestechen lasse, solange ich an einer Uni sitze und theoretische Überlegungen über die Wirtschaft mache, investiere ich eben meine ganze Energie in das Argumentieren und Beweisen und Verteidigen meiner Papers, und nicht in das Entwickeln eines tatsächlichen Produktes, das die Freiheit fördert. Allerdings muss man auch sagen, dass alle diese theoretischen Werke mich wie auch andere überhaupt erst dazu gebracht haben, die heutigen Missstände zu verstehen und somit auch einen essentiellen Beitrag zur Förderung der Freiheit leisten.

 

Ausserdem, wenn alle freiheitsliebenden Professoren den staatstreuen das Feld räumen, dann gibt es einfach nur noch staatstreue Professoren, und die Wahrscheinlichkeit, dass ein junger Student auf etwas stösst, was Ihn vielleicht zum kritischen Denken anregen könnte, sinkt einfach noch weiter. Somit könnte es wiederum gut sein, als freiheitsliebender Professor an einer staatlichen Uni zu arbeiten.

 

Andererseits wiederum könnte man argumentieren, dass wenn man nicht an die staatliche Uni geht, dann könnte man vielleicht eine viel bessere, private Alternative hervorbringen, wie zum Beispiel eine Online Universität, und dann könnte es sein, dass die staatliche Uni, die voll mit staatstreuen Professoren ist, irgendwann einfach in Bedeutungslosigkeit versinkt, da sie weniger verständige Fachkräfte hervorbringt. Um so ein unterfangen aber aufzuziehen, braucht es sowohl Unternehmer als auch Professoren. Und ich selber bin von meinem Wesen her viel eher der Intellektuelle als der Unternehmer. Und als Intellektueller brauche ich auch einen gesellschaftlichen Leistungsnachweis, und diesen kriegt man bisher immer noch hauptsächlich als Professor an einer staatlichen Universität.

 

Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt, nämlich was ist, wenn ich dieses Wissen zwar an eine breite Bevölkerung herantragen möchte, die breite Bevölkerung sich aber überhaupt nicht darum schert. Dann kann ich tun was ich will und es bringt absolut nichts (siehe Tytler-Zyklus und diverse aktuelle anti-freiheitliche Entwicklungen).

 

Ausserdem muss ich auch einen Weg durchs Leben finden, der für mich selbst befriedigend ist.  Denn sonst reibe ich mich auf und werde unglücklich dabei, und die Welt bleibt trotzdem wie sie ist. Ein Handlungsplan ist nur dann gut, wenn er für mich und auch für die Welt gut ist. Ich bin auch ein Teil der Welt, und ich darf mich nicht zugunsten der Welt vernachlässigen. Das wäre wie wenn ich einen Plan hätte, der für alle gut wäre, ausser für einen einzelnen Menschen, der einfach alleine irgendwo im Elend sitzen würde, das wäre auch kein guter Plan.

 

Was kann ich also abschliessend sagen? Es scheint mir grundsätzlich ok zu sein, seiner Passion im Rahmen der momentan gegebenen gesellschaftlichen Möglichkeiten nachzugehen, solange man seine Werte dafür nicht betrügt. Es scheint mir ferner der Fall zu sein, dass Professoren, die Freiheitliche Ideen gut artikulieren und verteidigen können auch einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der Freiheit leisten. Es scheint mir drittens, dass dieser Weg mich persönlich glücklich machen würde, da er mir erlauben würde, gegen Bezahlung das zu tun, was mich am meisten interessiert und fasziniert. Somit ist es eine Option, die ich ab sofort in Betracht ziehen will.

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Kommentare: 1
  • #1

    T Pohl (Sonntag, 22 März 2020 09:40)

    Habe mir ihre interessanten Berechnungen zum Klimawandel angesehen...

    Sie spiegeln das "Problerlem" der gesamten Wirtschafts"wissenschaft" wieder, die nämlich durch Anwendung der Grundrechenarten auf Zahlen aus anderer Quelle versucht Lösungswege zu weisen, die wegen der Unsicherheit der Basisdaten ebenso unsicher sind wie diese. Wenn man gemein wäre, müsste man der Wirtschaftswissenschaft das Attribut "Wissenschaft" entziehen, weil die Ergebnisse (wegn der nicht belastbaren Annahmen) nicht reproduzierbar sind.
    Ich sehe sie eher als eine Geisteswissenschaft, die von Dogmen beherrscht wird (wie die Sozialwissenschaften).

    1. Problem: Es ist m.E. noch sehr umstritten, ob die Korrelation CO2-mittlere Oberflächentemperatur, wie sie von religiösen Grünen und daher auch von der Bundespolitik verkauft wird so stimmt. Dass es wärmer wird, ist unbestritten, allerdings ist das in der Folge der "kleinen Eiszeit" m.E. nicht sonderlich verwunderlich. Zur mittleren Oberflächentemperatur der Erde und wie (ob) man diese akkurat bestimmen kann, empfiehlt sich ein Blick auf die Verteilung von Temperatumessstatione auf dem Erdball, mit besonderem Augenmerk darauf, wo es KEINE hat.

    2. Problem: Nicht jedes ausgestossene Gramm CO2 verbleibt auch in der Atmosphäre; will sagen es wird Teil des CO2-Kreislaufs, den wir zwar in grossen Zügen, nicht aber detailliert kennen, geschweige denn genau quantifizieren können.

    3. Problem: Unsere Modellvorstellungen von dem was in der Atmosphäre vorgeht sind m.E. noch äusserst rudimentär. Als Beispiel mag man die Prozesse der Wolkenbildung nennen, die sich momentan noch der zuverlässigen Modellierung entziehen, aber sehr wichtig für Klima"modelle" sind.

    4. Der Energiefluss von der Sonne bestimmt das Klima wahrscheinlich noch stärker als alle anderen Klimafaktoren. Seine Veränderung kann m.W. bisher nicht modelliert werden.

    5. Ich fahre ein Auto das bei schonender Fahrweise vollbeladen mit schlappen 4.5 l Diesel/100km fährt. Man kann den Ausstoss somit auch durch konservatives Reise und Fahrverhalten beeinflussen.

    Viele stimmen mir zu, wenn ich sage: Wenn man das Wetter keine 3 Tage genau voraussagen kann, was ist dann eine Klimavoraussage für 50 Jahre wert ?

    Ihrer Sorge "wess Brot ich ess" kann ich nur zustimmen. Die DFG gibt zum Beispiel kein Geld für Projekte, die gewisse "zeitgeistige" Aspekte (z.B. Klima) nicht ausreichend berücksichtigen, da auch sie sich in einem Abhängikeitsverhältnis von der Politik befindet (sonst gibts weniger Mannah). In den 90ern war das Pflichtthema: Umweltschutz.
    Auch wenn sie mantrahaft genau das dementiert, denn sie sei ja nur dem Wahren, Guten, etc. verpflichtet. Übrigens: Wenn man was kann, gut, fleissig und kreativ ist und Kontakte hat, kann man die Wissenschaft auch wieder verlassen; zumal (so hat man manchmal das Gefühl) man dort von zahlreichen "simple minds" umgeben ist; man muss nur open-minded genug dazu sein.
    Und in Zeiten des Kampfes gegen "rechts" (also allem, was einem nicht nach dem Mund redet) ist das allemal wichtig.
    Der Beitrag ist sehr vorausschauend, man möchte das jedem Millenial gönnen.

    Have a pleasant life!